Gedanken über die drei Ortsgeschichten
Eine Ortsgeschichte soll in erster Linie die Neugierde und das Interesse der Bewohner auf ihre eigene Vergangenheit wecken und Verständnis für vorangegangene Entwicklungen hervorrufen. Aus diesem Grunde bestimmen die für den einzelnen Ort jeweils einschneidenden Ereignissen den Aufbau und den Inhalt.Diese Forderungen wurden bei den drei vorliegenden Bücher von Tussenhausen, Zaisertshofen und Mattsies umgesetzt. Jedes in den Büchern vorhandene Kapitel beschäftigt sich mit einer in sich geschlossenen Thematik. Karten, Abbildungen, Zitate und aussagekräftige Statistiken unterstützen die jeweiligen Texte. Die örtlichen Ereignisse werden dabei nicht isoliert betrachtet, sondern die Wechselwirkungen mit regionalen und überregionalen Ereignissen aufgezeigt.
Zu Beginn des Projektes ‘Ortsgeschichte Tussenhausen’ war es nur schwer vorstellbar, für jeden seiner drei Teilorte genügend unterschiedliches Material für eine eigene Ortsgeschichte zu finden, doch wird man schnell eines besseren belehrt.
An verschiedensten Orten lagern schriftliche Überlieferungen - vor allem in München und Augsburg, aber auch in Stuttgart, Dillingen, Ulm, Burtenbach und noch zahlreichen anderen Orten. Aus den dort gewonnenen Erkenntnissen entwickelte sich in jedem einzelnen Fall die Struktur der Ortsgeschichte. So manche unbekannt, teils pikante Geschichte konnte dabei ausgegraben und vorgestellt werden.
Tussenhausen
Die schriftlich gesicherte Geschichte des Ortes Tussenhausen beginnt mit einer Schenkung. Ab dem Mittelalter beherrschten verschiedene Adelsfamilien von ihrer Residenz Angelberg aus den Ort. Der prominenteste Dorfbewohner war der als ‘Letzter Ritter’ titulierte Kaiser Maximilian. Ausgehend von seinem bis heute im Markt lokalisierbaren Wohnort fröhnte er in den Wäldern rings um den Markt seiner Jagdleidenschaft.Große Sorgen und Nöte brachten Kriege in den verschiedensten Jahrhunderten mit sich. Die Gefangennahme des Dorfherrn im Bauernkrieg hatte für erhebliches Aufsehen gesorgt, der 30jährige Krieg und die Napoleonischen Kriege brachten großes Verderben über den Ort, immer wieder ausgebrochene Hungers- und wirtschaftliche Nöte zwangen die Menschen zu Auswanderungen oder Neuerungen in der Landwirtschaft und im Handel auf dem eigenen Markt. Trost fanden Zeitgenossen in ihrer Dorfkirche, deren Ausstattung sie über die Jahrhunderte hinweg mit großem Engagement begleiteten.
Die moderne Geschichte des Marktes seit dem 2. Weltkrieg zeigt die strukturellen Probleme des Lebens auf den Land und den Gegenmaßnahmen auf. Ein vielfältiges Vereinsleben dokumentiert die Lebendigkeit des Ortes in all seinen Facetten.
Zaisertshofen
Zaisertshofen wurde erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts Teil der Herrschaft Angelberg. Doch im Gegensatz zum Markt Tussenhausen behielt es bis in die Gegenwart sein dörfliches Gepräge. Die kurze Zeitspanne, als der Ort den Status einer Residenz für sich beanspruchen konnte, hinterließ keine offensichtlichen Spuren im Ortsbild. Doch die in den Archiven überlieferten Unterlagen zum Erbschaftsstreit zweier Schwestern, und dessen Folgen erzeugt bis heute ein Gefühl der Betroffenheit. Die im Dorf immer wieder auftretenden Konflikte wurden mit dörflichen Strategien gelöst, so auch die Frage, ob eine Hexe im 18. Jahrhundert in Zaisertshofen ihr Unwesen trieb. Mehrfach ist ein Strukturwandel in der Landwirtschaft festzustellen, der meistens mit einem Wandel in der Landschaft einher ging und geht.Der bis heute gepflegte enge dörfliche Gemeinschaft tritt einmal im breitgefächerten Vereinsleben sowie in der Zusammenarbeit bei den einzelnen Projekten der Dorferneuerung zutage. Letztere wurde sogar mit einem Staatspreis geehrt.
Mattsies
Die Anwesenheit einer Dorfherrschaft über die Jahrhunderte ist in der Geschichte von Mattsies viel unmittelbarer als in den anderen beiden Orten zu spüren. Doch geben die schriftlichen Überlieferungen mannigfaltige, unmittelbare Einblicke in das Leben der Dorfbewohner. Die Leibeigenschaft in Mattsies besaß ihre eigene Dynamik - ausgerechnet einer der größten Bauern war Leibeigener, während so mancher arme Handwerker keiner war. Ein Prozeß zu Beginn des 30jährigen Krieges zeigt die Not und das Elend der Landbevölkerung, und die Gerichtsmethoden mit Befragung und Foltermethoden treten deutlich zutage. Eine Besonderheit stellt das Kapitel für die Zeit zwischen 1933 und 1945 dar. Trotz bewußt vernichteter Unterlagen konnte ein eindrucksvolles Bild davon entwickelt werden, wie es einer Minderheit innerhalb kürzester Zeit gelang, mit Hilfe der Propaganda nahezu einen gesamten Ort von den Idealen eines diktatorischen Regimes zu überzeugen. Die moderne Arbeitswelt mit all ihren Begleiterscheinungen kam mit einem hochspezialisierten Betrieb in den Ort und veränderte nachhaltig sein bis dahin typisches Gepräge.Frau Dr. Gabriele von Trauchburg
Die Bücher sind im Rathaus erhältlich.